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[Bericht Roman] Der Ruf Sie sind Sadist? Falls ja, dann sind Sie der geborene Schriftsteller! In einer Geschichte wirft man nämlich dem Helden so viele Knüppel vor die Beine, wie nur irgendwie möglich. Gleichzeitig gibt man ihm die Chance, den Knüppeln auszuweichen, um ihn im letzten Moment - wenn kein Leser mehr daran denkt! -, doch noch darüber stolpern zu lassen. Außerdem steigert man die Anzahl der Knüppel in jeder Szene und bringt den Helden in eine Situation, aus der er nicht mehr heraus kommt, weil er mit seiner größten Schwäche konfrontiert wird. Erst, wenn der Held an diesem Punkt angelangt ist und ihm alles egal ist, wird er bereit sein, sich zu überwinden und danach den Bösewicht zu besiegen. Diese Erkenntnis stammt aus der diesjährigen Schreibwerkstatt, die in Großrußbach von Andreas Findig, Leo Lukas und Uschi Zietsch veranstaltet wurde. Jeder Teilnehmer musste im Vorfeld eine Kurzgeschichte zum Thema »Utopie« verfassen, einreichen und hoffen, dass die Geschichte gut genug geschrieben war, um aufgenommen zu werden. Letztendlich erging Ende April an siebzehn Auserwählte der Ruf, sich auf den Weg nach Großrußbach zu begeben. Tag Eins: Denn sie wissen nicht, was ihnen blüht Nach der Vorstellungsrunde entwickelte sich ein Gedankenaustausch zwischen den Profis, den die Teilnehmer durch ihre Fragen am Laufen hielten. Einige der Kernaussagen dieses Abends: Man schreibe so einfach wie möglich! Der Schriftsteller ist verantwortlich, wenn die Leser ihn nicht verstehen und nicht umgekehrt! Beherrsche die Form, bevor du sie sprengst! Tag Zwei: Der Tag der Taschentücher Was passiert, wenn man selbstbewusste Hobbyautoren mit Profiautoren in einen Kreis setzt, damit Letztere die Werke der Hobbyautoren kritisieren? Richtig! Lange Gesichter. Während alte Hasen sich bereits Monate vorher geistig auf das Gemetzel einstellen und eifrig zu der Kritik nicken, wehren sich die Jungspunde unter den Seminaristen vehement gegen die aufgezeigten Fehler. Überhaupt, wenn man seine Geschichten bisher nur Personen gegeben hat, die sie jedes Mal loben. Aber auch die Neuzugänge begriffen am Ende des Tages, dass die Anmerkungen berechtigt waren und sahen es als Chance, sich zu verbessern. Immer noch Frustrierte ertränkten am Abend ihren Kummer im Kellerstübchen und lauschten den Worten von Ernst Vlcek und Michael Marcus Thurner, die über die wahren Leiden von Profiautoren erzählten. Ernst und Michael Marcus hatten sich dank der Nähe des Seminars zu Wien spontan entschlossen, beim Nachwuchs vorbeizuschauen und sie aufzuheitern. Tag Drei: Beeindruckt uns! Es gibt nur drei Möglichkeiten, seine Fähigkeiten zu verbessern: üben, üben und üben! Beispiel gefällig? Man suche für alle Buchstaben des Alphabets ein Wort, wähle fünf davon aus, entwerfe mit diesen Wörtern innerhalb von 15 Minuten einen Dialog und staune über das Ergebnis: Fünf konfliktreiche Geschichten und Vortragende, die mit dem Lob gar nicht mehr nachkamen. Der schwierigere Teil der Übung war jedoch, die hervorragende schauspielerische Leistung auf Papier zu bringen. Doch nach zwei Stunden war auch diese Herausforderung gemeistert. Tag Vier: Böse Am letzten Tag erhielten die Teilnehmer noch einen Einblick in die Theorie des Schreibens. Eine Geschichte ist die Veränderung einer Person, die durch einen Konflikt erzwungen wird. Existiert keine Veränderung, existiert keine Geschichte. Genauso wichtig wie der Held ist der Bösewicht. Ein wirklich guter Bösewicht, ist jener, von dem die Leser sich wünschen, dass er am Ende des Romans für seine Gemeinheiten büsst. Oder um es mit den Worten der damals noch kleinen Tochter von Leo Lukas zu sagen: »Den ess ich auf, scheiß ich ins Klo und spüle ihn dann runter!« Wer übrigens glaubt, ein Schriftsteller setzt sich vor den Computer und beginnt eine Geschichte zu schreiben, irrt! Jede Geschichte muss geplant werden! Man muss seine Figuren kennen, muss wissen, wie sie in bestimmten Situationen reagieren und, wie der Held den Bösewicht letztendlich besiegen wird. Und vor allem ist es unablässig zu wissen, welche Geschichte man erzählen will! Ohne diese Vorarbeit, kann man sich getrost ein anderes Hobby suchen! Und wer sich selbst schriftstellerisch betätigen möchte, dem empfehle ich die nächstjährige Schreibwerkstatt. Sie steht unter dem Motto »Es wird einmal/Märchen der Zukunft« und findet vom 05. Mai bis 08. Mai 2005 in Großrußbach statt. Informationslinks: Veranstalter Andreas Findig: http://findig.de.vu Das Forum zur Schreibwerkstatt (mit vielen Bildern und noch mehr Info): http://brabbel17.de.vu Das Schloss Großrußbach: http://www.bildungshaus.cc/ Fotos geschossen von: Walter Siment, Andreas Findig, Wolfgang Oberleithner
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