Quack, quack, quack!

 

DONALD DUCK
UND CO.

 

Schwerpunkt:

DAS PHÄNOMEN SAILOR MOON

Sailor Moon ACHTUNG! Überzeugte und deklarierte Sailor-Moon-Hasser dürfen diese Seite(n) natürlich sofort überspringen und weiterblättern. Alle anderen, die sich bisher noch nicht mit der Thematik beschäftigt haben oder das ganze als "Klein-Mädchen-Kram" betrachten, möchte ich jedoch einladen, an dieser Stelle ein bißchen mehr über dieses Phänomen zu erfahren, an dem man nicht mehr so einfach vorbeigehen kann.

Spätestens, seitdem die Figuren von Sailor Moon zweimal hintereinander die Titelseite der Programmvorschau von Ehapa geziert haben und sogar die "Hit Comics" mit ihrer Nummer 5 eine Lanze für dieses japanische Kult-Comic brachen, kommt man als allgemein interessierter Comic-Fan nicht mehr umhin, sich auch damit einmal zu beschäftigen. Auch das Comic-Magazin "Rraah!" etwa geht in seiner Nummer 46 im Vorwort ausführlich auf die Serie ein. Und wenn man dann noch Kinder hat, von denen zumindest eines eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts ist und vielleicht auch noch zwischen 6 und 16 Jahren alt ist, wird man sich gezwungenermaßen mit der Materie auseinandersetzen müssen - vor allem dann, wenn man wissen möchte, warum die lieben Kleinen jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit vor der Glotze sitzen müssen und wofür das ganze Taschengeld draufgeht.Und vielleicht wird man sich dann auch nicht mehr wundern, warum der Generaldirektor der Firma XY ein Sailor Moon Magazin unter dem Arm trägt, obwohl er gar keine Kinder hat.

Sailor Moon sprengt(e) alle Superlativen - "Ein neuer Stern am Himmel der Trickfilm-Serien", "Kult-Serie" "Eine Comicwelle der anderen Art überrollt den Buchhandel", ".. schlägt alle Verkaufsrekorde ...", "riesiges Interesse", "... macht Furore", "ein Phänomen" sind nur einige Schlagworte, mit denen die einschlägigen Medien auf die Geschichten der japanischen Zeichnerin Naoko Takeuchi eingehen.

Eines muß jedoch gleich gesagt werden: die gezeichneten Original Comics (=Manga) haben mit der Fernsehserie (=Anime) und den dazu nachempfundenen Heften (Sailor Moon Magazin) wenig gemeinsam. Einige Schlüsselszenen sind zwar bis ins kleinste Detail nachgestellt worden, aber sonst wurde das Anime durch zusätzliche Handlungsstränge teils unnötig in die Länge gezogen und sehr auf ein Kindernachmittags-Publikum hingetrimmt: die Figuren der Sailor-Kriegerinnen werden viel kindlicher und kindischer als im Manga-Original dargestellt, die Figur des Tuxedo Mask wird zu oft und zu peinlich eingesetzt und es gibt immer wieder den versteckten pädagogisch erhobenen Zeigefinger für die Kids.

Seite aus dem französischen Manga Es sind ganz einfach ein paar Klassen Unterschied zwischen den eleganten, zierlichen schwarz-weißen Comiczeichnungen der Mangas und der grellen und ein bißchen plumpen TV-Adaption. Trotzdem gibt es in beiden Versionen der Geschichte viel Humor und sehr viel Spannung. Und was man wirklich als positiv sehen muß, ist, daß hier im Gegensatz zu vielen anderen Serien Werte wie Hilfsbereitsschaft, grenzenlose Freundschaft und Vertrauen vermittelt werden, die man in der heutigen (realen) Welt lange suchen muß.

Interessant ist ja, daß die Sailor Moon Serie im Ursprungsland selbst gar nicht mehr aktuell ist. Die Zeichnerin hat sich längst anderen Projekten zugewandt und dürfte sich jetzt über die heftig fließenden Tantiemen aus Europa freuen. Ich wage jedoch die Behauptung, daß Sailor Moon auch hierzulande in ein paar Jahren Comicgeschichte und Schnee von gestern sein wird. Man wird sehen, ob sich die Zeichnerin noch einmal durchringt, weitere Abenteuer der "Pretty Soldiers" zu zeichnen. Wenn hier allerdings keine einheimische (japanische) Nachfrage mehr vorhanden ist, wird es sicher keine Produktionen nur für den europäischen Markt geben. Es kursieren zwar Fortsetzungen, die von engagierten Fanzeichnern hergestellt werden, jedoch haben diese insbesondere mit den Copyright-Rechten zu kämpfen und können natürlich nicht für einen breiten Markt produzieren.

Naoko Takeuchi war ursprünglich eine Hobbyzeichnerin ohne formelle Ausbildung (böse Zungen behaupten, daß man das heute noch in ihren Geschichten merken kann, insbesondere bei den Proportionen der Figuren ...), die nach mehreren veröffentlichten Geschichten nach einer neuen Idee suchte. Und die kam ihr in Form von Sailor V, einer maskierten Kämpferin für Liebe und Gerechtigkeit, die sich vom Mädchen in Schuluniform in eine Superheldin verwandeln konnte. Damit war der erste wirkliche Gegenpart zu den Shonen-Mangas (an Jungen gerichtete Comics mit actionbetonten Stories) a la Dragonball geschaffen. Vieles war an diesem Shojo-Manga (an Mädchen gerichtete Comics, bei denen es an sich vorwiegend um Romantik und Stimmung geht) neu und ungewöhnlich. Der Erfolg zeigte sich daran, daß bald eine Anfrage für eine Verfilmung der Geschichte kam. Naoko Takeuchi wollte dafür die Geschichte jedoch mehr ausbauen und komplexer machen - das war die Geburtsstunde von Sailor Moon! Eine Prinzessin und ihre vier Kriegerinnen, zu denen jetzt auch die ursprüngliche Sailor V als Sailor Venus gehörte, kämpften nunmehr als erstes weibliches Sentai-Team, das es jemals in Mangas oder Animes gegeben hatte! ("Sentai" ist die Bezeichnung für ein Team von 4 bis 5 Kämpfern, denen jeweils eine eigene Farbe und ein Element zugeordnet sind und die gemeinsam gegen das Böse kämpfen, zB. Sailor Mars trägt rote Kleidung und benutzt als Waffe Feuerringe).

Naoko Takeuchi Dann folgte ein ungewöhnlicher Siegeszug: Anime und Manga wurden parallel veröffentlicht, was insofern ungewöhnlich war, da man normalerweise zuerst den Erfolg der gezeichneten Geschichten abwartet. Gleichzeitig wurde eine raffiniert ausgeklügelte Medien-, Werbe- und Merchandise-Offensive geführt, die sogar soweit ging, daß man das Erscheinen spannender Episoden genau mit den Spitzenverkaufszeiten der Manga-Magazine (zB. in den Schulferien) koordinierte. Zwei Jahre später begann Sailor Moon auch die restliche Welt zu überschwemmen und hat mittlerweile alleine in Japan über 300 Milliarden Yen eingespielt und Naoko Takeuchi zu einer reichen Frau gemacht.

Im deutschsprachigen Raum gab es allerdings einige Anlaufschwierigkeiten. Das ZDF brachte 1995/96 die deutsche Erstausstrahlung und stellte die Serie nach einiger Zeit wegen schlechter Einschaltquoten wieder ein. Händler schickten Figuren und Fanartikel zurück oder verramschten sie und werden jetzt noch wehleidig an diese mittlerweile heißbegehrten Sammlerstücke mit Kultcharakter zurückdenken.

Als RTL 2 die Serie im Sommer 1997 wiederholte, lief alles anders - tagtäglich wachsende Zuschauerzahlen machten die Serie zu dem, was sie eigentlich schon vorher war, nämlich erfolgreich und bekannt. Seit Beginn des Jahres läuft bereits die zweite Wiederholung der Serie, und auch die Merchandise-Maschine ist auf volle Touren angelaufen - Figuren, Klebebilder, Handtücher, Schultaschen, usw., usw. Außerdem sind auch endlich die Mangas, also die Originale zur Serie, erhältlich, die nun jedes Monat als Taschenbuch erscheinen.

Und offenbar nicht nur in Japan spricht dieser Shojo-Manga der etwas anderen Art auch einen breiten Leser- und Zuseher-Kreis an, der sich aus allen Alters- und Bildungssschichten und auch beiderlei Geschlechtern zusammensetzt. Gerade für das männliche Publikum enthält die Serie auch eine gewisse Prise Erotik - die Charaktere sind ansprechend gezeichnet und gekleidet (spätestens dann, wenn man eines der Poster von Naoko Takeuchi gesehen hat, weiß man, was die Sailor-Kriegerinnen unter ihren Röcken tragen :-) und bieten für jeden Geschmack etwas. Gerade in den Mangas gibt es auch durchaus sehr zweideutige Bilder, etwa wenn sich zwei Sailorkriegerinnen an sehr intimen Stellen halten und umarmen. Aber dieses Spiel der Geschlechter ist in Japan nichts ungewöhnliches und auch zwischen männlichen Akteuren nicht tabuisiert. Außerhalb Japans jedoch wurden etwa in den Anime eindeutige Szenen oder Gespräche zensiert oder ganz herausgeschnitten - in der ersten Staffel der Geschichte wurde zB. einer der sehr feminin wirkenden Böswichte mit einer Frauenstimme synchronisiert, da man den europäischen Kids sonst einige Szenen mit anderen Männern nicht hätte zeigen können.

Ansonst wird die Serie bei RTL 2 ungeschnitten gezeigt, ganz im Gegensatz zur französischen oder amerikanischen Version - dort hat man die freizügigen Verwandlungsszenen der Kriegerinnen, bei denen man sie zwar nur schemenhaft, aber nackt sieht, digital nachretuschiert und allzu actionreiche Sequenzen herausgeschnitten.

Bei der Filmmusik hat man sich leider nicht ans Original gehalten - ein fetziges deutsch gesungenes Techno-Lied statt der wunderschönen "Moonlight Densetsu" verfehlt etwas das Thema. An dieser Stelle muß man gleich eine Warnung ausgeben: Die meisten der angebotenen CD's, die hierzulande unter dem Titel Sailor Moon verkauft werden, haben mit der Originalmusik überhaupt nichts zu tun. Wer seinen Ohren etwas gutes tun will, sollte nur zu den importieren (aber leider relativ teuren) japanischen Original-Soundtracks greifen, die man in manchen Fachgeschäften bekommen kann (zB. Bishoje Senshi Sailor Moon COCC-9896 Nippon Columbia Co Ltd.).

Seit kurzem sind im Handel auch die zur Serie gehörigen Art-Books erhältlich, in denen spezielle Zeichnungen, Skizzen, Postermotive oder Szenen aus Filmen allesamt in Farbe abgebildet sind. In Japan sind diese Bücher längst vergriffen und werden zu horrenden Preisen gehandelt. Zu den darin enthaltenen Zeichnungen steht im Anima Sonderheft etwa folgendes zu lesen: "Während die meisten Bilder wirklich schön oder witzig sind, gibt es auch einige, die sich ziemlich an der Grenze des Erträglichen bewegen, da sie ziemlich krasse Farbkombinationen aufweisen, gnadenlos kitschig sind, oder so süß und rosa und zuckrig, daß eigentlich jeder Zahnarzt ein Poster davon seinen Patienten schenken müßte, damit sie garantiert wiederkommen (Instant-Karies garantiert)."

Worum geht es nun in der Sailor Moon Geschichte?

Grundsätzlich könnte man diese Frage mit einem Satz beantworten: "Es geht um den ewigen Kampf Gut gegen Böse." Das Interessante an der Sache ist allerdings, wer diesen Kampf führt, wie er geführt wird und warum - und das soll hier in aller Kürze erzählt werden.

Vor langer Zeit lebten die Erdenbewohner und das Königreich des Mondes, der damals besiedelt war, friedlich nebeneinander, die Prinzessin des Mondes und der Prinz der Erde waren ein Liebespaar. Diese Idylle wurde allerdings von einem Dämonen zerstört, der einen Krieg der beiden Reiche auslöste. Vor dem Untergang gelang es der Königin des Mondes, ihre Tochter Sailor Moon, die vier Sailor-Kriegerinnen und den Prinzen vor dem Tod zu retten - und alle werden im Tokio der Gegenwart als ganz normale Menschen wiedergeboren. Als jedoch das Böse wiedererweckt wird, beginnen sich auch die Sailors der Reihe nach wieder an ihr früheres Leben zu erinnern und nehmen den Kampf erneut auf - Bunny (Usagi) Tsukino als Sailor Moon, Ami Mizuno als Sailor Merkur, Rei Hino als Sailor Mars, Makoto Kino als Sailor Jupiter und Minako Aino als Sailor Venus. Unterstützt werden sie vom Prinzen Mamoru Chiba alias Tuxedo Mask. Später kommen dann noch die Sailor-Kriegerinnen des äußeren Sonnensystems dazu (Saturn, Uranus, Neptun und Pluto) sowie Bunny's Kind aus der Zukunft, Chibi-Usa (interessant ist, daß die Figur der Ami bei einer Wahl zur beliebtesten Comic-Figur ganz an der Spitze gelandet ist und um einige Plätze besser als Bunny abgeschnitten hat).

Sailor-Team Der Kern der Geschichte umfaßt die Handlung bis zur endgültigen Vernichtung des Königreichs des Dunklen (im Anime in den Episoden 1 bis 46, im Manga in den ersten vier Taschenbüchern abgehandelt). Danach folgen die verschiedensten Abenteuer der Heldinnen, die sich über insgesamt 200 Filmepisoden und 18 Taschenbücher erstrecken und damit definitiv abgeschlossen sind. Die Hochzeit von Prinz und Prinzessin findet allerdings nur im Manga statt.

Außerdem gab es drei Langfilme, die im Kino liefen, von denen der erste, "Gefährliche Blumen", wahrscheinlich zu den schönsten Storys der ganzen Serie gehört.

Gewisse Szenen oder Zusammenhänge werden einem aber oft erst klar, wenn man etwas den (japanischen) Hintergund dazu kennt. Wer weiß schon, daß in Japan die "Blutgruppentheorie" eine große Rolle spielt - was bei uns das Horoskop mit seinen Charaktermerkmalen und "Dieses Sternzeichen paßt mit dem zusammen" ist, wird in Japan durch die Blutgruppen bestimmt. Auch die Kenntnisse des dortigen Schulsystems machen einiges verständlicher oder das Wissen um die Tatsache, daß die japanischen, matrosenähnlichen, Schuluniformen, auf denen die Kostüme der Sailor-Kriegerinnen basieren, Ende des letzten Jahrhunderts gemeinsam mit dem Schulsystem aus Preußen (!) übernommen wurde. Und der übersetzte Name "Bunny" rührt schließlich daher, daß der originale Name "Tsuki no Usagi" in der Übersetzung "Mondhase" heißt, da die Japaner keinen "Mann im Mond", sondern einen "Hasen im Mond" kennen.

Daß wir die Mangas wie ein normales Buch lesen können, liegt daran, daß die Geschichten gespiegelt werden, da die Japaner von hinten nach vorne lesen, wie man es etwa bei "Dragonball" beibehalten hat. Auch bei der neuen Serie "Neon Genesis Evangelion", die neben Sailor Moon zu den größten Erfolgen dieses Jahrzehnts zählen soll (gewisse Ähnlichkeiten sind nicht zu verleugnen) und an ein älteres Zielpublikum gerichtet ist, muß man seine Lesegewohnheiten etwas ändern.

Sailor Moon Empfohlene Grundausstattung für Sailor Moon Fans oder solche, die es (vielleicht) noch werden wollen:

Wer also einmal Entspannung von Spawn, Preacher, Lobo & Co. sucht oder sich ganz einfach nur von den peitschenschwingenden 120-60-120 Lack-Leder-Ladies erholen möchte, dem seien diese Geschichten - im wahrsten Sinne des Wortes - ans Herz gelegt. Als Schlußsatz möchte ich noch einmal das Anima-Magazin zitieren: ".. ein Märchen, nicht nur für kleine Mädchen."