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An sich gibt es ja im "NOW!" keine nachgedruckten Artikel, manchmal mache ich allerdings eine Ausnahme wie etwa zuletzt bei dem Artikel über Stephen Hawking. Diesmal fand sich in der österreichischen Tageszeitung "Die PRESSE" vom 30. März 1999 ein Bericht über den alljährlichen Donaldisten-Kongreß. Zwar weiß man dabei nicht, wie ernst manche Dinge zu nehmen sind, aber die überspitzte Form paßt sicher gut zum Thema.
Jeder, der irgendwann einmal auf einer Comic-Börse war, ist sicher schon einem Vertreter dieser Vereinigung der Entenliebhaber begegnet. Es gibt auch eigene Publikationen, die jedoch in erster Linie den Mitgliedern vorbehalten sind. Und was im nachfolgenden Bericht von Bernhard Baumgartner nicht steht: Die Donaldisten müssen sich verpflichten, keine Enten zu essen!
Um die Lage Entenhausens ist auf dem Jahreskongreß der Donaldisten ein veritabler Gelehrtenstreit ausgebrochen. Ist die Stadt im Parallel-Universum oder doch in der Zukunft zu finden?
Auf dem Donaldisten-Kongreß im niedersächsischen Achim ist vergangenen Samstag ein wilder Dogmen-Streit entbrannt: Die Streitfrage war, wo denn letztlich Entenhausen zu finden ist. Daß es existiert, steht für die Donaldisten sowieso außer Zweifel.
Trotz des harmonisierenden Mottos "Donald, diese hehre Ente, lieben wir mit Vehemente", schieden sich die Geister in zwei Lehrmeinungen: Die eine siedelt Entenhausen in einem Parallel-Universum an, wo Donalds Zeichner Carl Barks als Medium die Geschichten empfängt und der wißbegierigen Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt. Die alternative Ansicht ist, daß Entenhausen in ferner Zukunft existiert: Nachdem die Menschheit sich nach einer atomaren Katastrophe selbst ausgelöscht hat, stellen nunmehr die Entenartigen (Anatiden) die dominierende Rasse dar.
"Deutsche Organisation nicht kommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus" (kurz D.O.N.A.L.D.) heißt der Verein, der sich mit der Erforschung der Familie Duck und deren Heimat Entenhausen beschäftigt. Etwa 500 Personen in Österreich, Deutschland und der Schweiz haben sich inzwischen dem "real existierenden Donaldismus" verschrieben.
Vergangenen Samstag hatten die Donaldisten wieder ihren großen Tag: Im malerischen Achim bei Bremen fand der 22. Jahreskongreß der Donaldisten statt. Rund 80 Fans der sympathischen Ente scharten sich zusammen, um das Leben in Entenhausen im allgemeinen und das - meist recht eigenwillige - Verhalten der Schnabelträger im besonderen zu bequaken. Der Kongreß findet übrigens immer rund um den Geburtstag von Carl Barks, am 27. März statt. Organisiert hat das diesjährige Event der 39jährige Angestellte der deutschen Unfallversicherung und Ehrenpräsidente der Donaldisten Uwe Mindermann. Was ihn an Donald so fasziniert? "Donald gibt trotz seines ewigen Scheiterns nie auf. Das macht ihn so liebenswert", schwärmt Mindermann über sein Idol.
Carl Barks ist jener geniale Disney-Zeichner, der alle Zeichentrickfiguren der Ducks erfunden hat [Donald selbst natürlich nicht - Anmerk. der Red.]. Seine etwa 6.000 Comics dienen den Donaldisten heute als Quellenmaterial für ihre Forschung. Die Werke, die von den Nachfolgern Barks gezeichnet wurden, werden nur widerwillig als Primärliteratur anerkannt, mault Mindermann: "Nur die Barks-Werke sind reine kanonische Lehre der Donaldisten". Wer jetzt glaubt, den Donaldisten ginge bei ihren Forschungen bald die Themen aus, irrt gewaltig. Die Palette der donaldistischen Forschungsgebiete ist unüberblickbar: Von der Funktionsweise des Entenhausener Wirtschaftssystems über den Stammbaum der Ducks bis zum sogenannten "Veronkelungs-Phänomen" reichen die Forschungsgebiete.
Letzteres befaßt sich mit der Tatsache, daß in den Comics immer nur Onkel und Tanten, nie jedoch Eltern vorkommen. Lehrmeinung der Donaldisten ist in diesem Fall, daß das Thema Sexualität in Entenhausen mit einem Tabu belegt ist.
Daher werden die Jung-Enten gleich nach der Geburt den Eltern weggenommen und dem nächsten gleichgeschlechtlichen Verwandten überlassen. Im Falle von Donald Duck sind dessen Neffen Tick, Trick und Track eigentlich die Kinder der Schwester Donalds, die in den Comics allerdings nur unmaßgeblich vorkommt ["unmaßgeblich" ist wohl etwas übertrieben - Anmerk. der Red.].
Carl Barks hat in seinen Comics übrigens eine ganze Reihe von Ideen verarbeitet, die sich im nachhinein als geniale Erfindungen herausgestellt haben. So weiß Donaldist Uwe Mindermann gar von einem Patentstreit zu berichten: Barks ließ Donald Duck in einem Comic ein Schiffswrack heben, indem er solange Pingpong-Bälle hineinpumpte, bis das Schiff durch den Auftrieb gehoben wurde.
Jahr später wollte der deutsche BASF-Konzern ein Verfahren patentieren, wonach Schiffe mit Styropor-Kugeln gehoben werden. Das US-Patentamt verweigerte damals die Patentierung mit dem Hinweis, daß das Verfahren im Barks-Comics bereits publiziert wurde und daher ein Patent nicht möglich sei [zB. zu finden in der Carl Barks Library Nummer 15: "Wie gewonnen, so zerronnen". Laut Werkverzeichnis war es allerdings ein dänischer Erfinder, der dieses Verfahren patentieren lassen wollte - Anmerk. der Red.].
Die Donaldisten sind auch im Internet vertreten: http://www.donald.org