WERNER K. GIESA
[mit Eric und Karl Heinz] |
Professor Zamorra war neben John Sinclair der erklärte Held meiner Jugendjahre - Perry Rhodan kam erst viel später ins Spiel. Aber es waren wohl insbesondere die Romane ab der Nummer 111 "Lockruf aus dem Jenseits", die der Serie eine entscheidende Wendung gaben. Es wurden nicht nur ein Überbau geschaffen und der "Sense of Wonder" wiederbelebt, sondern es flossen auch verstärkt SF- und Fantasy-Elemente in die Handlung ein, die aus der ehemaligen episodenhaften Horror-Serie ein gewaltiges, neues Mystery-Epos machten.
Obwohl - der Autor hatte sich nicht geändert. Nach wie vor schrieb ein gewisser Robert Lamont alle zwei Wochen ein neues Zamorra-Abenteuer, und nur die wenigsten Leser wußten, daß sich hinter diesem Verlagspseudonym ein Autoren-Kollektiv verbarg, geschweige denn, wer diese Autoren eigentlich waren. Auch heute, über 500 Romane später, werden die Romane noch immer vom selben Autor Robert Lamont geschrieben, allerdings steckt jetzt wirklich nur mehr ein Mann dahinter - Werner Kurt Giesa, der mit der oben erwähnten Nummer 111 die neue Ära einleitete und schließlich ab der Nummer 331 die alleinige Leitung der Serie übernahm.
Werner K. Giesa hat aber auch viele andere Serien geschrieben und mitgeschrieben: Dämonenkiller, Der Magier, Mythor, Gespenster Krimi, Vampir Horror Roman, Damona King, Terra Astra, Dämonenland, Trucker King, Yan Monro, Die Terranauten, Stargate und noch einige mehr füllen in der in einer Festschrift zum 500. Zamorra-Roman erschienenen Bibliographie mehr als zehn eng- und kleinbedruckte Seiten.
Damals hätte ich es mir wohl nicht träumen lassen, mehr als zwanzig Jahre später diesen Mann zu treffen, dessen Geschichten mich immer so sehr begeistert hatten, noch dazu auf der Veranstaltung für eine Serie, die bei mir irgendwann einmal Professor Zamorra abgelöst hatte und für die genau dieser Autor ebenfalls einige Romane geschrieben hatte - der Kreis schließt sich!
NOW!: |
Lieber Werner. Zu Deinem 500. Professor Zamorra Roman hat der Erste Deutsche Fantasy Club eine Festschrift herausgegeben, in der man sehr viel über Dein Leben und Schaffen nachlesen kann. In einem dort abgedruckten Interview war unter anderem folgende Aussage von Dir zu finden: "Ich wäre gerne mit SF eingestiegen, aber dazu gab es keine Möglichkeit. Also nahm ich das zweitbeste, nämlich Gruselliteratur." |
W. Giesa: |
Ja, die Chancen für deutsche Autoren waren und sind schlechter, da hat sich nicht viel daran geändert. Beim Gruselgenre gab es für mich die Möglichkeit einzusteigen, und da beides sowieso sehr eng verwandt ist und die Grenzen fließend sind - ist nun Frankenstein zum Beispiel SF oder ist es Horror? - habe ich dann Gruselromane geschrieben und Science Fiction hineingebracht. Daß ich das als "Zweitbestes" tituliert habe, ist nicht unbedingt als Wertung zu sehen. Sicher hätte ich lieber reine SF gemacht, aber damals gab es die Möglichkeiten einfach nicht. Heute gibt es ein paar Verlage, die sich auch um deutschsprachige Autoren kümmern und bei denen man dann eher einsteigen kann. Aber wenn man Amerikaner oder Engländer ist, hat man jedenfalls die besseren Möglichkeiten. |
NOW!: |
Wie würdest Du dann Professor Zamorra einordnen? Für viele gehören diese Romane eher in den Fantasy-Bereich, im Gegensatz etwa zu John Sinclair, der wohl eindeutig dem Grusel-Genre zuzurechnen ist. |
W. Giesa: |
Ja, so ungefähr würde ich das auch sehen. Zamorra ist das, was sich heute "Mystery" nennt, also quasi vorweggenommene "Akte X". Sinclair ist Krimi und Grusel in einem, und bei mir überwiegen die Schwertkämpfer und fantastischen Elemente. |
NOW!: |
Der Grund, warum Du heute hier als Ehrengast anwesend bist, ist natürlich der, daß Du auch fünf Perry Rhodan Taschenbücher geschrieben hast. Erzähle uns doch bitte, wie Du dazu gekommen bist und warum Du dann nicht mehr weitergeschrieben hast. |
W. Giesa: |
Dazu gekommen bin ich durch - sagen wir einmal - persönliche Frechheit. Ich hatte irgendwann mal als 15-jähriger einen SF-Roman in Heftlänge geschrieben, einfach nur so, aus Spaß an der Freude. Damals lief gerade die Atlan-Serie, noch in der ersten Auflage - die ersten zwanzig Bände, der Condos Vasac-Zyklus - und da habe ich dann einfach so "just for fun" einen Roman dazu geschrieben, der natürlich mit Formbrief zurückkam, logischerweise. Jahre später, als ich dann schon professionelle Veröffentlichungen hatte und die Atlan-Zweitauflage wieder an genau dieser Stelle ankam, habe ich denselben Roman wieder genommen, ihn dem damaligen Redakteur Günter Schelwokat vorgelegt, und er hat sich diesmal eingelesen. Ich hatte dann angeboten, den Roman auf Taschenbuchlänge zu bringen, und der Vorschlag gefiel ihm. Er sagte: "Okay, Sie kriegen einen Vertrag, machen Sie den Roman fertig." Gut, ich habe dann ihn fertiggestellt, er wurde veröffentlicht und peu à peu kamen dann - nachdem ich den Fuß in der Türe hatte - vier weitere Taschenbücher dazu. Irgendwann so 1985 oder 1986 hieß es dann, daß nur mehr die Perry Rhodan-Stammautoren Taschenbücher schreiben dürfen, und das war mein Abschied. |
NOW!: |
Hätte es damals von Dir noch Interesse gegeben, weiterzuschreiben? |
W. Giesa: |
Es hätte von meiner Seite auf jeden Fall noch eine ganze Menge zu schreiben gegeben. Irgendwo spukt in meinem Kopf noch das Exposé für ein Rhodan-Taschenbuch herum, in dem der Hauptheld Tyll Leyden einen Zellaktivator bekommt, den dann aber nicht behalten kann. Das Buch wird wahrscheinlich nie geschrieben werden (lacht). Als ich später die Möglichkeit hatte, wieder einzusteigen und Rhodan-Taschenbücher zu schreiben, hatte ich keine Zeit mehr dazu. |
NOW!: |
Es gibt ja jetzt das Konzept der sogenannten "Gastautoren" in der Perry Rhodan Serie. Ist man eigentlich auch an Dich herangetreten bzw. wäre es für Dich vorstellbar, jetzt einen Perry Rhodan Roman zu schreiben? |
W. Giesa: |
Wir haben bis jetzt nicht darüber gesprochen, aber ich halte es von meiner Seite her durchaus für vorstellbar. Andererseits denke ich, daß auf diese Weise vielleicht auch junge Autoren gefördert werden sollen, wie es jetzt bei der Atlan Mini-Serie gelaufen ist - neue Talente sollen ihre Chancen bekommen, ich brauche eine solche Chance nicht mehr unbedingt. |
NOW!: |
Das ist aber bei Andreas Eschbach auch nicht der Fall gewesen ... |
W. Giesa: |
Das ist richtig. Aber gut, wenn das Angebot kommt, werde ich mich nicht dagegen wehren (lacht). Aber das ist nicht unbedingt meine Entscheidung. |
NOW!: |
In der eingangs erwähnten Festschrift hast du in einem Interview gesagt: "Science Fiction schreibe ich als Hobby - wenn man mich läßt!" |
W. Giesa: |
(lacht) Ja, inzwischen läßt man mich wieder, wenn auch nicht bei Perry, aber bei den Konkurrenz-Serien, und es macht mir großen Spaß. |
NOW!: |
Du hast zum Beispiel bei Star-Gate mitgeschrieben ... |
W. Giesa: |
Ja. Star-Gate wurde 1986 und 1987 schon mal als Heft veröffentlicht und ist in der ersten Version 12 Hefte alt geworden, bevor das Aus kam, weil der Verlag kein Geld mehr hatte. Die Gründe dafür sind schon so oft erzählt worden, ich glaube es lohnt sich nicht, hier noch mal etwas dazu zu sagen. Wir waren ursprünglich vier Autoren: Uwe Anton, Frank Rehfeld, Wilfried Antonius Hary und ich. Nach dem wegen der von den Vertriebsfirmen verursachten Einstellungs-Debakel haben der ehemalige Verleger und ich die Serie auf eigene Faust weitergeführt, mit privatem Vertrieb. Da sind dann nochmals zwölf Hefte geschrieben worden, in dem Fall von mir allein geschrieben. Neun Hefte sind erschienen, die letzten drei dann nicht mehr. Jetzt sieht es so aus, daß die Serie fortgesetzt werden wird, da sich die Paperbacks beim Blitz Verlag sehr gut verkaufen, mittlerweile schon in der dritten Auflage. Allerdings werde ich dann wahrscheinlich nur Exposés machen und keine Romane mehr schreiben, das überlasse ich den Kollegen. Das Team wird aus Konrad Schaef, Frank Rehfeld und Uwe Anton bestehen. |
NOW!: |
Vor mehreren Jahren ist man an Dich herangetreten, auch eine Fortsetzung zu Ren Dhark zu machen. Was ist aus diesem Projekt geworden? |
W. Giesa: |
Die Fortsetzung kommt! Ich werde, wie es aussieht, wohl zunächst mal an jedem der neuen Bücher mitschreiben, soweit es mir zeitlich möglich ist. Wenn dieses Interview erscheint, dürften die beiden ersten Bücher "Das Geheimnis der Mysterious" und "Die Galaktische Katastrophe" bereits im Handel sein. Es geht also im Gegensatz zu den früheren Heftveröffentlichungen beim Kelter-Verlag, die in allen drei Auflagen trotz jeweiliger Absichtserklärungen zur Fortführung mit Heft 98 wieder endeten, weiter, und ich bin dabei (lacht). Als einer von mehreren Autoren in einem erstklassigen Team. Im ersten neuen Buch sind Manfred Weinland, Ewald Fehlau, Helmut Uwe Grave und ich vertreten, im zweiten Konrad Schaef, Helmut Uwe Grave und ich. Auch einen neuen RD-Sonderband habe ich in Arbeit, mit dem Titel "Ex". Wann der erscheint, kann ich noch nicht sagen nur wann ich das Skript abliefern muss, und das ist schon sehr bald, ähem |
NOW!: |
Wenn ich dich nochmals aus diesem damaligen Interview zitieren darf: "Bei den Abenteurern schreiben gute Autoren mit, wie etwa Hubert Haensel. Den würde ich mir für eine Fortsetzung von Ren Dhark wünschen." Hast Du damals mit Hubert Haensel Kontakt gehabt, als es um die Fortsetzung gegangen ist? |
W. Giesa: |
Ja. Wir haben auch heute noch Kontakt, seit den seligen Mythor-Zeiten, und der Hubert ist ja auch schon bei Ren Dhark dabeigewesen, als vor ein paar Jahren die neuen Bücher - ein dreibändiger Zyklus - eingeschoben wurden. Da hat Hubert auch schon dran mitgeschrieben, und ich hoffe, daß er auch weiter mit dabei ist. Aber das ist nicht meine Entscheidung, weil der neue Ren Dhark-Chef und Redakteur Hajo F. Breuer ist, und der Mann setzt eben die Autoren ein, zu denen auch ich gehöre. Ich habe es also einfach, ich brauche nur die Romane zu schreiben, und Hajo Breuer muß sich mit den Autoren herumärgern (lacht). |
NOW!: |
Noch eine Frage zu den Autoren. Wie es damals um die Fortsetzung von Ren Dhark gegangen ist, hatte Gerhard Melchert vom Kelter Verlag das Rahmenexposé eines "österreichischen Jungautors" vorliegen. Weißt Du zufällig noch, wer dieser Jungautor war? |
W. Giesa: |
Das weiß ich nicht mehr, den Namen habe ich vergessen. Es war keiner, der in der Szene direkt bekannt war. Ich habe damals dieses Rahmenexposé auch gelesen, als Kurt Brand es mir zeigte, und ich habe auch den Namen gelesen, aber der sagte mir nichts, und ich habe ihn auch wieder vergessen, weil das Exposé ohnehin abgelehnt wurde. |
NOW!: |
Hast Du eigentlich Kontakte zum österreichischen SF-Fandom? Du warst ja auch bei "Follow" sehr aktiv beteiligt. |
W. Giesa: |
Direkte Kontakte habe ich da nicht. Und "Follow" hm. Ich bin einige Male durch ein Weltentor zum jeweiligen "Fest der Fantasie" gekommen. Damit hat sichs eigentlich auch schon. |
NOW!: |
Und welche Kontakte hast Du zum Perry Rhodan Autoren-Team? |
W. Giesa: |
Wir kenne uns noch (lacht). Aber weniger von Perry Rhodan her, sondern mehr aus den Zeiten von Mythor - von da her kennt man sich noch und schätzt sich. |
NOW!: |
Wenn man sich so Deine Bibliographie ansieht, bist Du ja ein äußerst produktiver Autor. Welche Auswirkungen hätte es eigentlich gehabt, wenn die Ren Dhark Serie damals unter Deiner Leitung weitergegangen wäre? Hättest Du bei Deinen anderen Arbeiten etwas zurückschrauben müssen? |
W. Giesa: |
Etwas zurückschrauben muß ich jetzt auch, allerdings nicht nur wegen Ren Dhark, sondern auch aus privaten Gründen, deswegen habe ich jetzt hin und wieder eine Co-Autorin bei Professor Zamorra, die allerdings ebenfalls unter dem Verlagspseudonym schreibt und mir dann bei Terminschwierigkeiten ein bißchen aus der Klemme hilft. Das ist Claudia Kern, frühere Space View-Chefredakteurin und frühere Pro7-Mitarbeiterin. Mit ihr zusammen habe ich das Buch Hagar Qim geschrieben. Wir funken auf der gleichen Linie, haben einen fast identischen Schreibstil, nur sie schreibt etwas blutiger als ich (lacht). |
NOW!: |
Ist es schon bekannt, daß Du eine Co-Autorin hast? |
W. Giesa: |
Es gibt mittlerweile eine Menge Leute, die es wissen, es ist auch nicht geheim. Auf der Leserseite habe ich es bisher noch nicht offiziell veröffentlicht, aber im Internet ist es mittlerweile bekannt. |
NOW!: |
Du bist ja mit Band 111 in die Serie Professor Zamorra eingestiegen ... |
W. Giesa: |
... und ich habe nicht vor, mit Band 1111 wieder auszusteigen (lacht) ... |
NOW!: |
Das heißt Professor Zamorra wird es auch nach Band 1000 noch geben? |
W. Giesa: |
Wenn nicht die Welt untergeht, wird es ihn auch nach Band 1000 noch geben. Mittlerweile ist die Serie Kult geworden, die Auflage steigt stetig - was will man mehr? |
NOW!: |
Früher hat man ja überhaupt nicht gewußt, wer die Romane eigentlich schreibt, die Autoren sind durch das Verlagspseudonym sehr im Hintergrund gestanden. Erst in letzter Zeit dürfte sich da einiges verändert haben. |
W. Giesa: |
Seit meinem Einstieg in die Serie hat sich einiges geändert, und ich habe auch im Fandom die Trommel gerührt. Ich bin ja selbst aus dem Fandom zur Autorenschaft gekommen - und so hat sich das dann herumgesprochen. |
NOW!: |
Viele sagen, daß die Bände von Deinem Einstieg an nicht nur die besten waren, die sie in der Serie gelesen haben, sondern daß die Romane irgendwie ganz anders waren, mehr Tiefe hatten und offenbar auch diesen gewissen "SF-Effekt", den Du eingangs erwähnt hast. |
W. Giesa: |
Ich habe einen großen Überbau, einen Rahmen in die Serie eingebracht ... |
NOW!: |
Hattest Du das von Beginn an schon so geplant oder hat sich das nach und nach ergeben? |
W. Giesa: |
Es hat sich größtenteils so ergeben. Ich hatte von Anfang an gehofft, daß ich es so machen könnte, und hatte dann einen Redakteur, der mir Gott sei Dank freie Hand gegeben hat - ich konnte und kann also quasi machen, was ich will. Die einzige Vorgabe war und ist: Hauptsache, die Auflage kippt nicht - und die Auflage ist nicht gekippt. Ich bin mir ziemlich sicher, daß es die Serie nicht mehr geben würde, wenn ich nicht diesen festen Rahmen geschaffen hätte. Vorher waren es ja praktisch zusammenhanglose Romane, in denen jeder Autor für sich alleine geschrieben hat. Es gab auch keine Kontakte zwischen den Autoren, jeder hat in jedem Roman eine ganze Hölle ausradiert und ich habe eben versucht, einen Überbau beziehungsweise Hintergrund zu schaffen, und das rettete die Serie wohl. |
NOW!: |
Die Romane der Serie war vor Deinem Einstieg so lose, wie zum Beispiel die Gespenster-Krimis. Professor Zamorra war zwar eine Serie, aber auf der anderen Seite auch wieder nicht. |
W. Giesa: |
Es waren Einzelromane mit immer wieder den gleich Figuren, mehr aber auch nicht. Ich habe dann dafür gesorgt, daß die Figuren auch gleich beschrieben werden, daß also Zamorra etwa nicht in einem Roman wild um sich ballert und amerikanisch redet und im nächsten Roman wieder der charmante Franzose ist und einen Schoppen Wein trinkt, sondern daß ein einheitliches Bild entsteht, ein einheitliches Auftreten der Figuren - so daß es keine Widersprüche mehr gibt. Das heißt, es soll keine Widersprüche mehr geben, okay, es gibt immer wieder mal welche von der Handlung her - man kann gar nicht immer alles im Kopf behalten, und selbst, wenn ich mir sage, ich notiere mir das alles, in eine Faktendatei - tja, wenn es darauf ankommt, sage ich mir: Ich habe doch alles im Kopf, warum soll ich da nachschlagen? Und prompt entstehen kleine Fehlerchen |
NOW!: |
Ist es bei Professor Zamorra auch so wie bei Perry Rhodan, daß die Leser oft besser Bescheid wissen als der Autor? |
W. Giesa: |
Jaaaaa! (lacht) Die Leser haben ja auch viel mehr Zeit! Man muß sich abmühen, daß man die Romane geschrieben bekommt, da sitzt man dann eine Woche oder länger drin, manchmal zwei oder bei manchen Romanen, wenn es um ein Zeitabenteuer geht, drei bis vier Wochen sogar, wenn man vorrecheriert. Selbst wenn nicht alles erarbeitete "Fachwissen" im Roman untergebracht werden kann, muß der Autor aber das Wissen darüber haben, und das zu erarbeiten dauert eben eine Weile. Die Leser nehmen dann das Heft und fetzen es in einer Stunde durch und sagen: Komm, Scheiße, da hat der Autor den Fehler gemacht! Ist klar, das bleibt nicht aus. |
NOW!: |
Inwieweit hat Dich Deine Mitarbeit bei Perry Rhodan bei Zamorra inspiriert? Wie Du schon angesprochen hast, waren die ersten hundert Romane wirklich chaotisch. Dann hast Du diesen kosmischen Überbau (lacht) eingebracht. Es gab dann auch Treffen zwischen Zamorra und John Sinclair, Damona King ... |
W. Giesa: |
Von Perry Rhodan bin ich dabei eigentlich weniger beeinflußt. Bevor ich überhaupt festgestellt hatte, daß es Perry Rhodan gibt, habe ich schon Ren Dhark gelesen. Wenn die Inspirationen kommen, dann von dieser Serie. Was die Crossover angeht, damit habe nicht ich angefangen, sondern Jason Dark (lacht) Ich habe dann einmal erwähnt, daß die Helden sich kennen, und das war es dann im Grunde. Das einzige, wo ich wirklich konkret geworden bin, war, daß ich aus den Gespenster-Krimis, die ich damals geschrieben habe - als Mike Shadow - die Figuren zu Zamorra rübergeholt habe. |
NOW!: |
Hast Du Dich damals auch mit Jason Dark alias Helmut Rellergerd abgesprochen oder war das eher eine Sache aus der Distanz ... |
W. Giesa: |
Das war zum Teil aus der Distanz, aber sonst auch einfach, weil er ja der damalige Redakteur von Professor Zamorra war. |
NOW!: |
In welcher Beziehung steht Zamorra zu Merlin? |
W. Giesa: |
Schwer zu sagen. Vielleicht so, daß Merlin der Auftraggeber ist, und Zamorra so eine Art Geheimagenten von Merlin spielt. |
NOW!: |
Ist das alles oder gibt es da noch tiefere Beziehungen? |
W. Giesa: |
Wenn es sie gäbe, würde ich nichts dazu sagen, bevor es im Roman erklärt wird ... |
NOW!: |
Band 1000 naht! |
W. Giesa: |
(lacht) |
NOW!: |
Ist abzusehen, wann Zamorra das verflixte Amulett endlich beherrschen wird? |
W. Giesa: |
Nicht vor Band 1000 (lacht) |
NOW!: |
Aber der gute Professor scheint ja manches Mal auch ziemlich vergeßlich zu sein. |
W. Giesa: |
Stimmt. Aber das liegt allerdings auch an mir, weil die verschiedenen Fähigkeiten des Amuletts irgendwann nicht mehr gebraucht werden und dann einfach auch vom Autor her in Vergessenheit geraten. Der Autor ist nämlich noch vergeßlicher als der Held. |
NOW!: |
Also ist es nicht so, daß man sagt: Okay, für diese Story ist diese Fähigkeit vonnöten, aber in weiterer Folge wäre sie zu mächtig ... |
W. Giesa: |
... und verschwindet dann irgendwann mal wieder in der Versenkung. |
NOW!: |
Also wie bei Perry Rhodan! |
W. Giesa: |
(lacht) |
NOW!: |
Zum Abschluß noch eine ganz andere Frage. In diesem Interview, auf das ich mich schon ein paar Mal bezogen habe, hast Du gesagt, daß es den Roman in Heftform noch zehn Jahre, maximal fünfzehn Jahre in dieser Form geben wird, dann muß sich oder wird sich etwas ändern. Nun war das ganze schon 1982, ist also fast 20 Jahre her. Was glaubst Du, wie sich das "Romanheft" jetzt wirklich weiterentwickeln könnte? |
W. Giesa: |
Auf lange Sicht wird der Heftroman wahrscheinlich aussterben. Nur wage ich im Moment nicht abzuschätzen, wohin der Trend geht. Eine ziemlich starke Entwicklung haben in den letzten Jahren Hardcover gehabt, aber irgendwann ist auch die Kaufkraft der Leser erschöpft, weil immer mehr Bücher auf den Markt geworfen werden. |
NOW!: |
Das heißt, Du glaubst, daß sich der Heftroman eher in der Form an sich ändern wird und nicht so zum elektronischen Bereich hin? |
W. Giesa: |
Die elektronischen Medien sind auch sehr stark im Kommen, nur dafür - vorläufig - noch nicht verbreitet genug. Die Hardware ist noch sehr teuer, das schreckt viele Leute ab. Die kleinen "Pocket-Computer" sind noch viel zu teuer, Notebooks sind zwar einigermaßen erschwinglich, bloß die dann zum Lesen in die Badewanne oder ins Bett mitzunehmen ist auch so eine Sache für sich. |
NOW!: |
Viele können sich nicht vorstellen, ihre Romane nur mehr am Bildschirm lesen zu können oder sich einen Ausdruck machen zu müssen. |
W. Giesa: |
Schon Mitte der 80er Jahre, als es noch insgesamt viel mehr Leser gab als heute, habe ich gepredigt: Macht Taschenhefte! Macht die Taschenhefte für Spannungsromane salonfähig, also nicht nur Taschenheft-Frauenromane, sondern steigt auch mit den "Männer-Serien" auf Taschenhefte um. Als man dann endlich damit anfing, war es zu spät, da waren die Leserschichten nicht mehr da. Siehe UFO-Akten oder Vampira. Das ist im Grunde zehn Jahre zu spät gekommen. Es hätte damals passieren müssen in der Blütezeit der Hefte, als noch viele Käufer da waren. Da hätte man diese vielen Käufer oder einen Teil davon auf diese Taschenhefte bringen können, die eben etwas edler aussehen und auch ein bißchen von dem Schmuddel-Image der Hefte weggehen. Aber bei den Taschenbüchern bricht der Markt auch schön langsam ab, man kann im Moment nicht genau absehen - und ich wage auch nicht zu schätzen - wo es hingeht. Vor einigen Jahren war es noch klarer und überschaubarer. Da konnte man sagen: Okay, es geht zum Hardcover, macht die Hefte zu, macht Bücher. Ich weiß nicht, was ich heute empfehlen würde oder selbst als Verleger machen würde. |
NOW!: |
Wird es Professor Zamorra einmal als Hardcover geben? |
W. Giesa: |
Momentan gibt es den Nachdruck von Professor Zamorra als Paperback. Nicht so wie die Perry Rhodan Silberbände, sondern ähnlich wie die Rhodan Dritt- und Fünftauflage, nur daß drei Hefte in einem Band sind statt zwei und die Erscheinungsweise zweimonatlich. |
NOW!: |
Es war ja schon im Gespräch, den Erscheinungsrythmus von Professor Zamorra umzustellen .. |
W. Giesa: |
Es ist schon mehrfach im Gespräch gewesen, Zamorra auf wöchentlich umzustellen, aber es ist immer wieder verworfen worden. Das liegt zum Teil daran, daß ich nicht jeden Monat vier Zamorra schreiben kann, das geht einfach nicht. Erstens habe ich die Power dafür nicht - ich bin kein Jason Dark - und ich möchte auch nicht so viele Co-Autoren mit hinein nehmen, sonst wäre das wieder so ein Kuddelmuddel wie früher. Es ist immer wieder so - ich hatte das auch schon bei Mythor gemerkt - man kann sich noch so gut mit den Autoren verstehen, man kann sich noch so gut absprechen, aber: Ich schreibe ins Exposé hinein: Der erste Band endet damit, daß die Leute in einer bestimmten Reihenfolge durch ein Weltentor gehen. Ende. Keine weiteren Beschreibungen. Der nächste Roman beginnt damit: Am neuen Handlungsschauplatz geht das Weltentor auf, die Leute kommen in dieser Reihenfolge raus, und was davor ist, wird nicht erwähnt. Und was passiert? Die Kollegen überschneiden die Sache, der Autor des ersten Bandes schildert noch die Ankunft, und der des zweiten Bandes noch die Abreise. Und das sind dann so Sachen, die ich beim Zamorra gerne vermeiden möchte. Das geht eben nur, wenn der Autorenstamm sehr klein ist, und bei wöchentlichem Erscheinen müßte ich wenigstens zwei Autoren dabei haben, wahrscheinlich sogar drei, und dann geht es schon los mit der Koordinierung. Das möchte ich mir selbst auch nicht unbedingt antun. Und erst recht nicht ständig hinter den Kollegen her telefonieren: "Wo bleibt denn jetzt Dein Manuskript?!" Nun lassen wir es lieber so, wie es ist - alle zwei Wochen - und wenn ich dann mal zwischendurch ausfalle, aus privaten Gründen oder weil ich gerade Ren Dhark mache, springt halt die Kollegin ein. Da habe ich dann weniger Arbeit, die Übergänge zu bringen, daß der Roman in die laufende Handlung eingepaßt wird, als wenn ich ein ganzes Team von Kollegen habe und zwischen denen auch noch alles mögliche tun muß. |
NOW!: |
Lieber Werner Giesa, vielen Dank, daß Du Dir Zeit für dieses ausführliche Interview genommen hast. Jetzt wollen wir Dich nicht länger vom Con und Deinen Fans abhalten und wünschen Dir hier noch viel Spaß! |
W. Giesa: |
Danke. |