Nao Yazawa Special


Künstlergespräche - Interview with the manga-ka

 

Neben einem wahren Signier- und Zeichenmarathon stellte sich Nao Yazawa gleich zwei Mal den Fragen ihrer Fans - einmal bei den "Künstlergesprächen" im kleinen Kreis (31.5.02) und dann beim "Lesertreff" in der MangaZone (1.6.02). Es war ein tolles Erlebnis, und viele Fans nutzten die Chance, mehr über die Zeichnerin zu erfahren. Die Gespräche wurden auf Band aufgezeichnet, die Fragen wurden unter dem "Kollektiv" NOW! zusammengestellt. Nao Yazawa führte das Interview in ihrer Muttersprache, die Fragen und Antworten wurden von ihrer hübschen Begleiterin ^^ übersetzt.

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Nao Yazawa gave two interviews for her fans - in the "Künstlergespräche" (5/31/02) and at a meeting named "Lesertreff" ( 6/1/02).

It was a wonderful event, and many people were asking questions about her life, her work and much more. The whole discussion was tape-recorded and written down below.
Nao Yazawa did the interview in her native language, which was translated by her nice companion.

Sorry, at the moment only in German :-(
But I try to make an English version soon!

 


Nao Yazawa beim "Künstlergespräch"

 

Nao Yazawa - Professional history

NOW!: Frau Nao Yazawa, ich darf Sie sehr herzlich beim diesjährigen Comicsalon in Erlangen begrüßen und bedanke mich für die Bereitschaft, daß Sie sich den Fragen der hier anwesenden Leser und Fans stellen. Bekannt geworden sind Sie bei uns durch Ihren Manga „Wedding Peach“, aber vielleicht stellen Sie sich zunächst selbst einmal kurz vor – wo leben Sie, wie sieht ihr beruflicher Werdegang aus, wie wird man Manga-Künstlerin?

Nao Yazawa: Ich wurde an einem 28. Juli in Tokio unter dem Sternzeichen Löwe geboren und wohne in Kawasaki in der Nähe von Tokio.
Ich wollte schon als Kind immer Mangazeichnerin werden, habe das aber nie so aktiv betrieben, weil ich nicht dachte, daß ich es schaffen könnte.
Am Ende meines Universitätsstudiums fiel dann die Entscheidung – in Japan ist es üblicherweise so, daß man sich bereits im letzten Studienjahr bei Firmen bewirbt und Vorstellungsgespräche führt. Dazu hatte ich aber keine große Lust und habe das dann auch nicht gemacht. Na ja, und so blieb mir nach dem Abschluß der Uni nichts anderes übrig, als Mangazeichnerin zu werden (lacht). Aber so einfach war es natürlich nicht – ich habe meine Arbeiten mehrmals bei Verlagen vorgelegt und präsentiert. Dann habe ich auch an einem Newcomer-Wettbewerb für Zeichner teilgenommen und den ersten Platz belegt. Irgendwann einmal klappt es dann.
Ich war zunächst für etwa ein Jahr Assistentin und bin erst so nach und nach in die Branche hineingekommen. In der Zeit habe ich aber auch schon eigene Zeichnungen gemacht. Und später gab es dann die ersten Veröffentlichungen.

NOW!: In welcher Zeitschrift gab es Ihre erste Veröffentlichung?

Nao Yazawa: Es war eine Mangazeitschrift für Jungen. Eigentlich hatte ich damals gar nicht vor, auch Mädchenmangas zu zeichnen.

NOW!: Was war der Grund, daß sie es trotzdem gemacht haben?

Nao Yazawa: Nun, es war so, daß derselbe Verlag, der diese Jungenmangas herausgab, eine neue Zeitschrift für Mädchen, also Mädchenmangas, machen wollte. Dafür wurden noch Zeichner gesucht, und so wurde ich gefragt, ob ich Interesse hätte. Ich dachte mir, warum nicht? Damit hat dann alles begonnen ...

NOW!: Ihr wievielter Manga war Wedding Peach?

Nao Yazawa: Von den längeren Fortsetzungsgeschichten, die ich gezeichnet habe, war es die vierte. Aber ich habe nebenbei natürlich auch kürzere, abgeschlossene Comics, die etwa 30 Seiten lang waren, gemacht.
Bei der Mädchenzeitschrift war ich die Einzige, die auch Mangas mit etwas mehr Action und Kampfszenen zeichnen konnte. Normalerweise können typische Mädchenmanga-Zeichnerinnen so etwas nicht.

NOW!: Was werden Sie als nächstes veröffentlichen?

Nao Yazawa: Zur Zeit veröffentliche ich gerade in der Manga Power bei Egmont den Comic „Shinku Chitai“, diese Geschichte werde ich auch fortsetzen und beenden. Danach steht noch nicht genau fest, wie es weitergeht. Ich habe einige Ideen und es ist im Gespräch, in einer deutschen Zeitschrift etwas von mir zu bringen, aber dazu kann ich noch nichts konkretes sagen.
[Anm. d. Red.: Mittlerweile weiß man, daß es sich dabei um das "japanisch-deutsche Manga-Projekt" von Joachim Probst handelt. Der Arbeitstitel der Fantasy-Story, die Nao Yazawa gemeinsam mit einer deutschen Autorin macht, lautet "Taka no Kami", auf deutsch "Der Falkengott"). Die Veröffentlichung ist in der "Manga Power" von EMA geplant]

NOW!: Kommen wir noch einmal zurück zu ihrem Studium - was haben Sie studiert bzw. welches Ziel hatten Sie?

Nao Yazawa: Ich habe chinesische Geschichte studiert, aber ich habe nebenbei auch schon immer Mangas gezeichnet und wollte das als Hobby fortsetzen, weil es mir sehr viel Spaß gemacht hat. Ich dachte auch, daß mir die chinesische Geschichte vielleicht gute Ideen fürs Zeichnen bringt, und ich wollte mich einfach menschlich weiterbilden.
Das Bildungssystem in Japan funktioniert etwas anders als in Europa – es ist nicht so wichtig, welche Studienrichtung man belegt, sondern auf welcher Universität man studiert hat. Für den Beruf wird man dann erst in der Firma selbst ausgebildet. Ich hätte also genauso gut „Deutsche Geschichte“ studieren können (lacht)

 


Der "Lesertreff" in der MangaZone

 

Nao Yazawa – Comics all over the world

NOW!: Seit einiger Zeit kommen in Deutschland auch „deutsche Mangas“ heraus, welchen Stellenwert hat das für „manga-ka“? Ist das eher eine Sache, die man belächelt, weil es etwas fremdes, seltsames ist, oder was hält man davon in Japan?

Nao Yazawa: Ich kann es nicht beurteilen, weil ich es nicht lesen kann (lacht)

NOW!: Was denkt man grundsätzlich darüber, daß es „deutsche Mangas“ gibt? Für uns ist das eine sehr neue Sache, für Japan eine angestammte ....

Nao Yazawa: (lacht) Ich freue mich, je größer die Verbreitung von Mangas im deutschsprachigen Raum ist, egal ob es nun japanische oder deutsche sind!

NOW!: Gibt es amerikanische oder europäische Comics, die sie kennen?

Nao Yazawa: Ich kenne schon einige, zum Beispiel „Tim und Struppi“ oder die Marvel Comics, Spiderman.

NOW!: Europa hat sich ja sehr stark den Mangas geöffnet. Können Sie sich vorstellen, daß sich auch Japan den Comics aus aller Welt mehr öffnen wird?

Nao Yazawa: Ich glaube nicht. Es gibt zwar immer Bemühungen der Verlage, auch nicht-japanische Comics zu veröffentlichen, wie es zum Beispiel mit X-Men gemacht wurde, aber die Anzahl der interessierten Leser ist verschwindend gering. Die Japaner sind den europäischen und amerikanischen Comics gegenüber nicht so offen wie die Leser hier in Europa den japanischen Comics gegenüber. Ich denke, die japanischen Verlage und auch die Leser sind da ein bißchen konservativ.

NOW!: Wie unterscheidet sich eigentlich der japanische Comic-Markt vom deutschen Markt?

EMA: Der deutsche Markt ist im Vergleich zum japanischen Markt mikroskopisch klein – wenn hier 30.000 Bände eines Mangas verkaufen werden, so sind das in Japan 1 Million, wenn in deutschsprachigen Raum 40 Mangas im Monat herauskommen, so sind das in Japan im selben Zeitraum hunderte.

NOW!: Wenn man die aktuellen Mangas ganz allgemein mit alten Comics wie Micky Maus oder Donald Duck vergleicht, so gibt es jetzt teilweise viel mehr Gewalt als früher. Wie gehen Sie eigentlich damit um?

Nao Yazawa: Es kommt immer auf die Intentionen des Autors an, ob nun Gewalt verherrlicht wird oder so dargestellt wird, daß Gewalt letztendlich nur wieder Gewalt bringt. Ich bin gegen Gewalt und bringe das auch zum Ausdruck – Kinder müssen beim Lesen erkennen, daß Gewalt nichts Gutes ist und nichts Gutes bewirkt.

NOW!: Dadurch erklärt sich, daß Wedding Peach ihre Gegner niemals tötet, sondern nur zum Guten bekehrt?

Nao Yazawa: Ja. Wedding Peach ist ja als Manga für Kinder gedacht, deshalb kommt auch keine harte Gewalt vor, und es werden auch keine Menschen umgebracht. Ich wollte auch unbedingt, daß die Hauptpersonen das Wort „Feind“ nicht in den Mund nehmen, d.h. es gibt in dem Sinn keine „Feinde“.

NOW!: In vielen Mangas sind starke europäische Einflüsse zu erkennen, die mit der japanischen Kultur überhaupt nichts zu tun haben, wenn man jetzt zum Beispiel an Schilderungen über Engel und Dämonen denkt. Hat hier das Manga so gesehen eine „kulturelle Funktion“?
Ähnlich verhält es sich ja bei der Rolle der Frau in den Mangas. Die vielen weiblichen Helden stehen auch im Widerspruch zu den realen Gegebenheiten.

Nao Yazawa: Lassen Sie mich zunächst einmal die Frage nach dem Gut- und Böse-Denken beantworten. Das Christentum wurde bereits vor 300 oder 400 Jahren nach Japan gebracht, d.h. es war schon lange vor den Mangas da (lacht) Und die Trennung in Gut und Böse gab es auch schon immer in Büchern und Filmen. So gesehen wurden diese Inhalte sicher in die Mangas übernommen und nicht umgekehrt.

Zur Frauenrolle – früher war die Stellung der Frauen in Japan sehr stark, so stark, daß sie sogar Kaiserin werden konnten. Als später das Christentum aufgekommen ist, wurde dies wieder relativiert – Gott war eine männliche Figur, und das hat irgendwie die Rolle der Frau wieder herabgesetzt. Zur Zeit ist es so, daß die Frauen in der Gesellschaft wieder stärker werden, und ich denke, das kommt im Manga vielleicht schneller zum Ausdruck als sonst.

NOW!: Aber das wäre noch ein Widerspruch – man stellt christliche Figuren dar, und läßt die Frauen trotzdem eine sehr wichtige Rolle spielen.

Nao Yazawa: Ja, hier gibt es eine gewisse Vermischung ...

 


Großer Andrang bei der Signierstunde

 

Nao Yazawa and her fans

NOW!: Welche Kontakte haben Sie zur Fanszene, die ja in Japan sehr groß und aktiv ist? Gibt es spezielle Beziehungen zu anderen Zeichnern oder Fans?

Nao Yazawa: Meistens ist es so, daß zwischen den Fans und mir der Verlag steht, wo auch die Fanbriefe hingehen, die ich dann erst viel später erhalte. Dann gibt es noch den Kontakt über das Internet, wo ich direkt antworten kann, aber das hält sich in Grenzen - Wedding Peach hat großteils sehr junge Leser, die noch keinen Internetzugang haben.

NOW!: Haben Sie auch schon direkten Kontakt mit Fans gehabt auf Cons wie diesem hier?

Nao Yazawa: Natürlich, es gibt ein- bis zweimal pro Jahr auch bei uns solche Veranstaltungen, wo signiert wird. Allerdings kann man da keine großen Beziehungen aufbauen, weil sich der Kontakt ja nur auf die kurze Zeit beschränkt, in der man signiert oder kleine Zeichnungen macht.

NOW!: Gibt es Unterschiede zwischen einem deutschen und einem japanischen Fantreffen?

Nao Yazawa: (lacht) Da gibt es kaum Unterschiede ...

 

Nao Yazawa and her work

NOW!: Woher nehmen sie die Ideen?

Nao Yazawa: (lacht) Die Ideen hole ich mir aus Büchern oder aus Videos und Filmen, die ich gesehen habe und aus eigenen Erlebnissen, die ich hatte. Es ist meistens so, daß ich im Kopf eine Szene habe und einen Dialog, und wenn das alles zusammenpaßt, dann entwickelt sich die Geschichte ganz von selbst.
Oder ich sehe Filme und denke mir dabei, daß es so auf keinen Fall sein kann und überlege mir, wie ich es selbst machen würde.

NOW!: Wie sieht Ihr Alltag als Künstler aus? Wie lange zeichnen sie an einer Seite, wie lange an einer Geschichte?

Nao Yazawa: Ich mache etwa 30 Seiten im Monat – eine Woche nehme ich mir Zeit, um mir die Geschichte und die Handlung zu überlegen, die Zeichnungen selbst nehmen etwa eine Woche in Anspruch, und anschließend arbeiten die Assistenten weiter und vollenden die Arbeit.
Bei Wedding Peach hat das sehr gut funktioniert.

NOW!: Was machen die Assistenten genau?

Nao Yazawa: Sie radieren die Bleistiftvorzeichnungen aus, tuschen Flächen, und wenn irgendwo Striche zu lang sind, übermalen sie das mit Tippex.
Es gibt aber auch Mangazeichner, die sich von ihren Assistenten ganze Hintergründe und Landschaften zeichnen lassen, aber ich mache das selbst.

NOW!: Mit wie vielen Assistenten arbeiten Sie? Wie oft kommen die?

Nao Yazawa: Ich habe meistens drei Assistenten, die im Monat aber nur vier Tage zu mir kommen.

NOW!: Haben Sie geregelte Arbeitszeiten?

Nao Yazawa: (lacht) Nein, das gibt es bei mir nicht. Ich stehe meistens mittags auf, zeichne den ganzen Tag und lege mich dann wieder nieder ...

NOW!: Wie ist das eigentlich in Japan – wann hat man den Punkt erreicht, wo man von seinen Comic-Arbeiten leben kann? War der schon erreicht, als Sie Studiozeichnerin wurden oder erst, als Sie selbständig wurden?

Nao Yazawa: Nun, wenn man als Studiozeichner in einer guten Firma unterkommt, die auch große Produktionen macht, kann man grundsätzlich schon davon leben. Für Assistenten, die bei Mangazeichnern arbeiten, ist das aber nur ein Nebenjob, der sehr hart ist und wenig einbringt. Man kann natürlich versuchen, bei möglichst vielen Zeichnern zu assistieren, um halbwegs über die Runden zu kommen, aber dann kann man sich nie selbständig machen, weil man zu wenig Zeit hat, eigene Geschichten zu zeichnen.

NOW!: Kann man mit Mangazeichnen viel Geld verdienen?

Nao Yazawa: Ja, das denke ich schon. Aber ich selbst gehöre da nicht dazu, ich bewege mich eher im Durchschnitt.

NOW!: An welcher Serie arbeiten Sie gerade?

Nao Yazawa: Momentan zeichne ich an der Fortsetzung von Shinku Chitai.
[Anm. d. Red.: Diese Serie erscheint zur Zeit in der "Manga Power" von EMA"]

NOW!: Wie sind Sie auf die Idee zu Shinku Chitai gekommen? Dieser Comic ist von der Art her ja ganz anders als Wedding Peach, eine sehr apokalyptische Darstellung. Was hat sie dazu inspiriert?

Nao Yazawa: Die Grundinspiration kam sicher von einem alten Manga, das in Japan sehr erfolgreich war und das ich auch gerne gelesen habe. Ich fand die Hauptfigur sehr interessant, obwohl im Endeffekt die Figur dann bei mir ganz anders geworden ist, weil ich mir meine Ideen auch aus vielen anderen Quellen hole und einfließen lasse.

NOW!: Welche Art von Comics zeichnen sie lieber – eher die süßen und netten Geschichten wie Wedding Peach oder die ernsthafteren und für ältere Leser gedachten Geschichten wie Shinku Chitai?

Nao Yazawa: Mir macht beides Spaß! Vielleicht ist Shinku Chitai eine Spur interessanter, weil es schwieriger zu zeichnen ist und auch mehr Zeit in Anspruch nimmt.

NOW!: Welchen Ratschlag würden Sie jungen Mangazeichnern geben?

Nao Yazawa: Man muß zeichnen, zeichnen, zeichnen ... und braucht auf jeden Fall sehr viel Durchhaltevermögen, darf nicht aufgeben und muß seinen eingeschlagenen Weg konsequent weiterverfolgen. Es gibt viele, die ein bißchen zeichnen und denken, wenn sie diese Bilder dann einreichen, können sie damit debütieren, aber wenn es nicht klappt, hören sie enttäuscht auf. Wenn man wirklich will, dann muß man es so lange probieren, bis man es schafft und solange Zeichnungen bei Verlagen einreichen, bis man genommen wird.

 

Nao Yazawa – Wedding Peach

NOW!: Wie sind Sie auf den Namen „Wedding Peach“ gekommen? Und wie kommt man auf die Idee, daß die Heldin in einem Hochzeitskleid auftritt, ist das nicht ungewöhnlich?

Nao Yazawa: Nun, zuerst war das Thema „Blumen“ da und die Namen der vier Liebesengel, die ja auch mit Blumen zu tun haben. Das war mir aber noch irgendwie zuwenig, und so dachte ich mir, Blumen gehören auf jeden Fall auf eine Hochzeit – Hochzeiten sind auch etwas, das Kinder gerne mögen – und so entstand dann das „Wedding“. Das „Peach“ kam dazu, weil Herr Tomita den Laut „Pi“ so gerne mag, was ja auch sehr süß klingt. Und zusammen wurde daraus dann „Wedding Peach“.

NOW!: Haben die Figuren vielleicht reale Personen als Vorbild?

Nao Yazawa: Nein, ich habe alle Charaktere frei erfunden.

NOW!: Welche ist ihre Lieblingsfigur?

Nao Yazawa: Yousuke!

NOW!: War Yousuke die erste Figur, die sie entworfen haben, oder kam sie erst später dazu?

Nao Yazawa: Nein, zuerst gab es die drei Hauptfiguren Momoko, Hinagiku und Yuri. Yousuke habe ich dann als Freund für Momoko erfunden – er entspricht meiner Idealvorstellung von einem Mann (lacht)

NOW!: Haben Sie sich vielleicht in eine der Figuren eingebracht? Kann man Sie in einem der Engel wiedererkennen?

Nao Yazawa: Ich denke, daß in allen Figuren ein bißchen von mir zu finden ist, aber wahrscheinlich entsprechen die Figuren von Hinagiku und Yousuke am ehesten meinem Charakter.

NOW!: Nun ist ja Wedding Peach eher ein Manga für jüngere Leser – fällt es Ihnen sehr schwer, sich da hineinzuversetzen? Oder haben sie vielleicht selbst Kinder?

Nao Yazawa: Ja, es war für mich schon schwierig, mich in die Geschichte hineinzuversetzen. Ich habe keine Kinder, und es ist auch schon lange her, daß ich selbst ein Kind war (lacht). Ich mußte natürlich darauf achten, daß die Charaktere und die Geschichte für Kinder verständlich sind und daß es ihnen auch gefällt. Ich bekomme viele Fanbriefe von Kindern, in denen sie mir schreiben, was gut angekommen ist und was weniger gut angekommen ist, und davon lasse ich mich dann schon auch beeinflussen.

NOW!: Was kommt denn gut an?

Nao Yazawa: Das ist schwer zu sagen. Manchmal bekomme ich viele Briefe zu Szenen oder Bildern, bei denen ich mir gar nicht so viel Mühe gegeben habe, die aber überraschend gut ankommen. Andererseits kommt es auch vor, daß ich in Bilder viel Zeit investiere und denke, daß die Leser sie mögen und daß sie sehr gut ankommen, aber dann überhaupt keine Reaktion darauf erhalte ...

NOW!: Können Sie dazu ein Beispiel geben?

Nao Yazawa: Ja, also es kamen zum Beispiel viele Briefe, daß sich die Figuren nicht so oft umarmen oder küssen sollen, weil sie vielleicht noch ein bißchen zu jung dafür sind (lacht). Und als Momoko von ihrem Freund Yousuke das erste Mal mit ihrem Spitznamen genannt wurde, kamen viele Briefe von Mädchen, die von ihrem Freund auch gerne so genannt werden würden.

NOW!: Inwieweit beeinflussen Sie solche Feedbacks?

Nao Yazawa: Nun, ich versuche schon, Dinge, die gut ankommen, hineinzunehmen und solche Szenen öfters vorkommen zu lassen. Andererseits ist es natürlich so, daß die Leser, die mir dazu Briefe schreiben, wahrscheinlich eher nur die selbstbewußteren sind, die auf die Zeichner zugehen. Deshalb kann man diese Meinungen nicht unbedingt verallgemeinern, es muß nicht das sein, was auch alle anderen lesen wollen.

NOW!: Wedding Peach hat ja viele Parallelen zu Sailor Moon. Inwieweit haben Sie Sailor Moon vorher gekannt oder sich auch daran orientiert?

Nao Yazawa: Nachdem ich die Vorlage für Wedding Peach bekommen habe, habe ich mir zunächst einmal die Videokassetten von Sailor Moon ausgeliehen oder gekauft und alle auf einmal angesehen. Ich wollte Acht geben, daß nicht zu viele Parallelen zu Wedding Peach auftreten oder daß ich vielleicht aus Versehen ähnliche Dinge in meine Geschichte einbaue. Außerdem ist ja der Drehbuchautor bei beiden Serien derselbe.

NOW!: Stimmt es, daß ein siebenter Band von Wedding Peach herauskommen soll?

Nao Yazawa: Ja, das ist richtig! Er wird im Oktober erscheinen und beinhaltet die letzten Kurzgeschichten, die in Japan nicht mehr erschienen sind. Vom Umfang her sind es etwa 240 Seiten.
[Anm. d. Red.: Dieser Band ist mittlerweile bei EMA erschienen und heißt "Flitterwochen". Ebenso enthalten ist ein Interview mit Nao Yazawa zu ihrem Manga Shinku Chitai]

NOW!: Können Sie sich vorstellen, irgendwann eine Forstsetzung zu Wedding Peach zu zeichnen, mit den bekannten Charakteren und einer neuen Geschichte?

Nao Yazawa: Aber ja, das kann ich mir durchaus vorstellen! Wenn das Interesse da ist, die Bezahlung stimmt (lacht) und ich das ganze auch zeitlich unterbringen kann, würde ich das jederzeit machen.

NOW!: Wie ist die Serie „Wedding Peach“ eigentlich am Markt positioniert?

EMA: In Japan war Wedding Peach vor vier oder fünf Jahren, als es rausgekommen ist, sehr erfolgreich, zur Zeit spielt es aber keine Rolle mehr. Hier in Europa ist Wedding Peach gerade erst veröffentlicht worden und dementsprechend aktuell und gefragt. Der japanische Verlag war davon sehr überrascht und hatte sogar Probleme, die Druckvorlagen zur Verfügung zu stellen, da im Laufe der Zeit schon einiges verschollen ist.

NOW!: Wie sind Sie mit der Anime-Umsetzung von Wedding Peach zufrieden? Ist es so geworden, wie Sie es sich vorgestellt haben? Oder gibt es Dinge, die Sie anders gemacht hätten?

Nao Yazawa: Ich bin im großen und ganzen sehr zufrieden damit und respektiere die Arbeit. Die Zeichner und die Zeichnungen sind sehr gut. Es kommt oft vor, daß japanische Animeproduktionen in Korea oder China gefertigt werden, aber bei Wedding Peach war es nicht so, dieser Anime wurde hauptsächlich in Japan gefertigt und hat eine sehr gute Qualität.
Ansonst wäre es mir natürlich lieber gewesen, wenn sich die Umsetzung des Stoffes als Anime mehr am Manga orientiert und diesem besser entsprochen hätte, aber wie gesagt, ich bin zufrieden damit.

NOW!: Inwieweit waren Sie bei der Produktion des Anime überhaupt involviert?

Nao Yazawa: Ich habe nur ein paar Charaktere mitentworfen, weil ich in erster Linie doch nur für den Manga zuständig bin.

 

Nao Yazawa - Private

NOW!: Sind sie schon dazugekommen, sich auch in Erlangen ein bißchen umzusehen?

Nao Yazawa: Ja, ich war bereits in der Altstadt und habe viele Fotos gemacht, es war sehr interessant.

NOW!: Wie finden Sie das deutsche Essen?

Nao Yazawa: Ich habe noch nicht viel probiert, aber ich möchte auf jeden Fall ein typisches Gericht probieren. Können Sie mir etwas empfehlen? (lacht)

NOW!: Haben Sie neben dem Mangazeichnen auch noch Zeit für Hobbys?

Nao Yazawa: Ja, ich lese sehr gerne SF- und Mystery-Bücher, und ich sehe mir sehr gerne Filme an. Sonst bleibt mir neben dem Zeichnen eigentlich nicht viel Zeit für andere Dinge, aber ich treffe mich schon auch gerne mit Freunden und unternehme etwas. Doch das Mangazeichnen macht mir sehr viel Spaß, deshalb sehe ich das nicht nur als Arbeit an.

NOW!: Gibt es Kollegen, deren Arbeiten Sie bewundern oder die Ihnen besonders gut gefallen?

Nao Yazawa: Ja, natürlich! Ich bewundere zum Beispiel sehr den „Vater der Mangas“ Tezuka Osamu, aber auch Otomo Katsuhiro, der neue revolutionäre Zeichenweisen brachte, die es vorher nicht gab.

NOW!: Welche Mangas lesen sie privat?

Nao Yazawa: Nun, zum Beispiel „Monster“ oder „20th Century Boys“.

NOW!: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Haben Sie Ideen, die Sie verwirklichen möchten? In welche Richtung wird das gehen?

Nao Yazawa: Nun, ich habe eigentlich immer einige Geschichten im Kopf, die ich gerne umsetzen würde. Und ich werde das auch sicher tun, wenn sie genug ausgereift sind.

NOW!: Noch eine allerletzte Frage: In Ihrem Heimatland findet gerade die Fußball-WM statt, was meinen Sie dazu?

Nao Yazawa: (lacht) Ich finde es schade, daß ich jetzt nicht dort sein kann ...

NOW!: Wer ist ihr Favorit?

Nao Yazawa: Vielleicht Frankreich, aber natürlich wäre ich dafür, daß Japan gewinnt! (lacht)
[Anm. d. Red.: Tatsächlich waren die Japaner sensationell unterwegs, kamen bis ins Achtelfinale und verfehlten knapp den Einzug ins Viertelfinale. Der große Sieger war Brasilien]

NOW!: Frau Yazawa, vielen Dank für das Gespräch

 

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